Versorgungssicherheit Gas: Eckpunktepapier des BMWi konzentriert sich auf Regelenergiemarkt

(c) BBH
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In den deutschen Gasspeichern sind die Füllstände niedrig. Was muss passieren, um die Gasversorgung in Deutschland zu sichern? Die Diskussion kommt nicht zur Ruhe. Nach verschiedenen Vorschlägen aus der Energiewirtschaft (wir berichteten) hat jetzt auch das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) Position bezogen und ein Eckpunktepapier zur Versorgungssicherheit Gas veröffentlicht. Auf Basis verschiedener Untersuchungen, u.a. der von BBH gemeinsam mit BBHC und Prof. Müller-Kirchenbauer erstellten Studie, kommt das Ministerium zu dem Schluss, dass keine gravierenden Eingriffe in den Speicher- und Handelsmarkt Gas notwendig sind. Die Versorgungssicherheit im Gas sei sehr gut. Weitere Verbesserungen sollen – analog zum Energy Only Markt 2.0 – marktbasiert erfolgen.

Konkret benennt das Ministerium zwei Maßnahmen. Es will den Marktgebietsverantwortlichen erlauben, in größeren Umfang langfristige Regelenergieprodukte auszuschreiben. Zudem sollen die Möglichkeiten zum Demand Side Management der Industrie auch im Gas gestärkt werden. Das Papier greift damit Komponenten des BDEW-Vorschlags („systemnahe Flexibilitätsreserve“) und des gemeinsamen Vorschlags von VIK, DIHK und VCI auf. Damit ist klar: Zumindest mittelfristig wird es weder eine strategische Reserve noch eine Speicherverpflichtung für Händler, noch eine FNB-Reserve geben. Das Ministerium folgt damit im Wesentlichen den Empfehlungen unserer Studie.

Beide Maßnahmen werden im Eckpunktepapier nur grob umschrieben und müssen von den Marktbeteiligten und der Bundesnetzagentur (BNetzA) noch weiter ausgearbeitet werden:

Höhere Kontrahierungsvolumen für langfristige Regelenergieprodukte

Die erste Maßnahme zielt darauf, dass die Marktgebietsverantwortlichen in verstärktem Maße langfristige Regelenergieprodukte über ihre Regelenergieplattform kontrahieren. Die Produkte bleiben am unteren Ende der Rangfolge für den Regelenergieabruf eingeordnet und dürften entsprechend selten tatsächlich abgerufen werden (MOL 4).

BNetzA und Marktgebietsverantwortlichen sollen ab 2016 dafür mögliche regionale Extremszenarien festlegen und darauf aufbauend den benötigten Umfang bestimmen. Die Leistungspreiskomponente kann für bekannte und auch neue Regelenergieanbieter interessante Vermarktungsoptionen bieten.

Demand Side Management für die Industrie

Wird im Zusammenhang mit den aktuellen Strukturreformen des Strommarkts in Politik, Markt und Industrie gegenwärtig bereits viel über die dortigen Möglichkeiten einer vermehrten Nutzung von Demand Side Management diskutiert, besteht auch bei der Gasversorgung in diesem Bereich durchaus Potenzial. Dementsprechend sieht das Eckpunktepapier als zweite Maßnahme die Einführung einer neuen Produktkategorie am Regelenergiemarkt vor. Industriekunden soll es vereinfacht werden, daran teilzunehmen. Sie können auf freiwilliger Basis ihr Abschaltpotential in Ausschreibungen der Marktgebietsverantwortlichen ebenfalls über die Regelenergieportale anbieten. Vergütet wird nur, soweit es zu einem tatsächlichen Abruf kommt.

Dabei sind noch einige Punkte offen, wie Verpflichtungszeitraum, Abruf-Vorhaltezeit, maximale Abrufdauer, Abrufhäufigkeit etc. Zusätzlich geklärt werden sollten das Verhältnis zu Notfall-Abschaltungen nach § 16 Abs. 2 EnWG und ggf. die Aufteilung in lokale Zonen. Die BNetzA soll die Details zusammen mit den relevanten Marktakteuren erarbeiten. Die Produkte sollen ab dem nächsten Winter (2016/2017) ausgeschrieben werden.

Die Kosten beider Maßnahmen dürften über die Bilanzierungsumlage von allen Gaskunden getragen werden. In welchem Umfang sie zukünftig mehr zahlen müssen, lässt sich schwer abschätzen.

Ansprechpartner BBH: Dr. Olaf Däuper/Christian Thole
Ansprechpartner BBHC: Marcel Malcher

PS: Gerne möchten wir Sie bereits heute einladen, diese aktuellen Entwicklungen zum Thema Gasversorgungssicherheit beim nächsten Treffen der Initiative Gashandel am 18.2.2016 von 10.00 bis 14.00 Uhr auf dem Messegelände der E-world in Essen mit uns zu diskutieren. Zu diesem Zeitpunkt dürften auch bereits konkrete Vorschläge zur Anpassung der europäischen SoS-Verordnung von der EU-Kommission veröffentlicht worden sein. Denkbar wäre etwa, dass der Begriff der geschützten Kunden (§ 53a EnWG) angepasst wird.

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