Klimaschutz ohne Eigenanteil – Entlastung für Kommunen

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Die Bundesregierung hat am letzten Mittwoch ihr „Wumms“ vorgestellt, ein Entlastungs- und Konjunkturpaket, das die deutsche Wirtschaft im Nachgang der Krise wieder ankurbeln soll. Das Paket enthält auch Maßnahmen für die Kommunen. So werden etwa die Kosten der Unterkunft in der Grundsicherung zu 75 Prozent, statt zu 50 Prozent übernommen. Auch der Ausfall der Gewerbesteuer soll ersetzt werden. Interessant ist noch das Geld, das in die Kommunen direkt investiert werden soll.

Nationale Klimaschutzinitiative und Eigenanteil der Kommunen

Die Nationale Klimaschutzinitiative (NKI) gibt es seit zwölf Jahren. Seitdem fördert sie lokale Projekte, die einen Beitrag zur Reduktion von Treibhausgasen deutschlandweit leisten sollen. Neben Privatpersonen und -unternehmen fördert sie auch die kommunalen Gebietskörperschaften. Kommunen können im Rahmen der sog. Kommunalrichtlinie Fördermittel beantragen (wir berichteten), um klimafreundliche Projekte in ihrem Gebiet voranzutreiben. Konkret können von diesen Geldern beispielsweise Straßenbeleuchtungen auf LED umgerüstet, Schulen energetisch saniert oder einfach nur ein Klimaschutzkonzept entwickelt werden. Von 2008 bis 2019 wurden so mit Fördermitteln in Höhe von 715 Mio. Euro Projekte im Gesamtwert von 1,2 Mrd. Euro verwirklicht.

Die Diskrepanz liegt vorrangig im sog. Eigenanteil, also Projektsummen, die die Kommunen selbst beisteuern müssen, um die Fördermittel zu erhalten. Auf der einen Seite lässt sich argumentieren, dass die Kommunen nach Abschluss der Projekte ohnehin Geld sparen – entweder durch eine direkte Effizienzsteigerung oder aber durch geringere Instandhaltungskosten. Andererseits ist die kommunale Selbstverwaltung in Deutschland, trotz ihrer Position als lokalstes Glied der Exekutive, konstant von den größeren Geschwistern – also Bund und Ländern – abhängig. Denn nur unter bestimmten Umständen erheben Kommunen selbst Steuern, die sie dann auch behalten dürfen.

Im Zuge der Corona-Krise haben sich die Einnahmen der Kommunen drastisch verringert. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) geht davon aus, dass 2020 Einnahmen in Höhe von 40 bis 60 Mrd. Euro verloren gehen könnten, die direkt im Haushalt betroffener Kommunen fehlen. Hinzu kommen erhebliche Mehrbelastungen in der kommunalen Verwaltung, die, je nach Lage, das Gros der Verwaltungsarbeit in der Krise zu leisten hatte. Die Arbeit umfasst beispielsweise die Nachverfolgung von Infektionsketten durch die Gesundheitsämter, die Kontrolle der Corona-Maßnahmen durch die Ordnungsämter oder aber auch die Mehrkosten für die Kosten der Unterkunft einer steigenden Zahl an Arbeitslosen.

Strukturwiederaufbau und Strukturwandel Hand in Hand

Das Entlastungs- und Konjunkturpaket der Bundesregierung sieht zum einen vor, dass kommunale Unternehmen ungedeckelte Kreditsummen durch die entsprechenden Kreditprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) erhalten können. Zum anderen aber wird der oben bereits angesprochene Eigenanteil bei der Inanspruchnahme von Mitteln aus der Nationalen Klimaschutzinitiative für die Jahre 2021 und 2022 aufgehoben – eine Maßnahme, die Kommunen voraussichtlich um bis zu 50 Mio. Euro jährlich entlasten dürfte. Diese Überlegung deckt sich mit den Planungen der EU, den European Green Deal als Grundlage für die Wiederaufbaupakete im Zuge der Corona-Krise zu nutzen (wir berichteten). Denn eine Stärkung von Klimaschutzinitiativen in Kommunen bedeutet zweierlei: Zum einen können diese sich ohne Sorgen darauf konzentrieren, bereits geplante Projekte oder aber auch neue Projekte ohne Sorge vor Zahlungsüberlastungen durchzuführen. Zum anderen fließt das Geld zurück in die lokale Wirtschaft – denn die Wärmedämmung in der Schule, die neuen LED Spots oder die Entwicklung eines neuen Konzeptes für die Kommune wird in der Regel durch lokale Unternehmen durchgeführt.

Im Ergebnis scheinen Strukturwiederaufbau und Strukturwandel Hand in Hand zu gehen. Die kombinierten Maßnahmen wurden zuweilen bereits als „Klimapaket“ statt Konjunkturpaket bezeichnet, eine weitere Parallele zu den europäischen Maßnahmen.

Jetzt gilt es: Die Mittel sollten auch in Anspruch genommen werden. Kommunen sollten prüfen, ob mögliche Projekte geeignet sind, um Fördermittel in Anspruch zu nehmen oder ob vielleicht gerade jetzt Interesse daran besteht, ein neues Klimaschutzprojekt in die Wege zu leiten.

Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow

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