Keine Angst vor Green Marketing: Sicheres Werben mit der Klimaneutralität

„Grünes Image“ ist nicht nur nettes Beiwerk, sondern bei vielen Verbraucher*innen mittlerweile ein entscheidender Faktor, ob sie sich für oder gegen ein bestimmtes Produkt oder Unternehmen entscheiden. Da das sogenannte Green Marketing also einen echten Wettbewerbsvorteil bietet, verwundert es kaum, dass sich bereits mehrere deutsche Gerichte mit diversen Fragestellungen rund um die (un)lautere Verwendung grüner Statements in der Werbung befassen mussten. Dabei scheint es, als seien die Gerichte in dieser Frage uneins. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf weckt die Hoffnung, ein wenig mehr Licht in das grüne Werbe-Dickicht zu bringen.

Noch Green Marketing oder schon Greenwashing?

Bei den werbenden Unternehmen herrscht eine gewisse Unsicherheit, das zeigt auch ein Blick über die deutschen Landesgrenzen hinaus. Einer nicht nur in Österreich bekannten Großbrauerei etwa wurde untersagt zu behaupten, dass ihr Bier „CO2-neutral gebraut“ werde. Weiter soll eine alpenländische Fluggesellschaft den unrichtigen Eindruck erweckt haben, dass sie CO2-neutrale Flüge anbieten könne.

In dem der Düsseldorfer Entscheidung zugrundeliegenden Fall musste sich das Gericht damit befassen, welche Anforderungen ein Produkt erfüllen muss, um mit dem Begriff „klimaneutral“ beworben werden zu können (OLG Düsseldorf, Urteil vom 6.7.2023 – 20 U 152/22, GRUR-RS 2023, 16069 – schmeckt auch unserem Klima). Konkret ging es um die Fragen, ob Süßigkeiten auch dann als klimaneutral gelten, wenn ihr Herstellungsprozess zwar nicht emissionsfrei verläuft, jedoch Maßnahmen durchgeführt werden, um den CO2-Ausstoß zu kompensieren und welche Aufklärungspflichten das Unternehmen trifft.

Das Gericht gab dem beklagten Süßwarenhersteller in der Sache vollumfänglich recht. Seine Produkte durften mit dem Label „klimaneutral“ beworben werden. Interessant sind jedoch die Begründungen des Gerichts, denn aus diesen lassen sich einige wesentliche Anforderungen an die Werbung mit der Klimaneutralität ableiten.

Zunächst stellt das Gericht klar, dass man ein Produkt als klimaneutral bewerben darf, auch wenn die Klimaneutralität „nur“ durch eine Kompensationsleistung erreicht wird, statt durch eine Reduzierung der Emissionen bei der Herstellung. Die Kunden verstünden diese Differenzierung und würden nicht durch solch eine Werbung getäuscht. Dabei ist bemerkenswert, dass das Gericht diese Ansicht nicht nur mit Blick auf ein Fachpublikum vertritt, sondern – so liest sich das Urteil – diese Meinung auch für Werbung gilt, die sich an Verbraucher*innen richtet.

Weiter akzeptierten die Düsseldorfer Richter auch die Art und Weise, wie über den gewählten Weg zur Klimaneutralität berichtet wurde. Im Rahmen der konkreten Form der Zeitschriftenwerbung sei der Aufklärungspflicht des Süßwarenherstellers Genüge getan, indem der Leser der Anzeige entweder über den QR-Code oder durch die Eingabe der angegebenen Domain-Adresse die Website des Klima-Partners aufsucht.

Was ist nun in der Praxis zu beachten?

Trotz einiger verbleibender Unsicherheiten lässt sich schon jetzt ein grober Leitfaden aus diesem und den sonstigen bestehenden Urteilen ableiten. So müssen sich werbende Unternehmen etwa mit den Fragen auseinandersetzen, wie die Behauptung der Klimaneutralität nachgewiesen werden kann und was der konkrete Inhalt der diesbezüglichen Kundeninformation sein soll.

Im Ergebnis heißt das: Niemand muss Angst davor haben, mit seinem grünen Angebot Werbung zu machen. Es braucht jedoch zuverlässige Partner*innen – zuverlässige Klimapartner*innen und zuverlässige rechtsberatende Partner*innen.

Ansprechpartner*innen: Stefan Wollschläger/Nils Langeloh/Dr. Maximilian Festl-Wietek/Sascha Vogel/David Funk

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