„Ich weiß, was Du diesen Sommer getan hast …“

Die Sommerpause ist (für viele) vorbei. Die Rückkehr zum Schreibtisch heißt auch zu prüfen, was sich in Sachen Energiewende so getan hat.

Nach der Katastrophe in Fukushima im letzten Frühjahr hieß es hier ja noch volle Kraft voraus! „Der Weg zur Energie der Zukunft“, eine „Herkulesaufgabe“, doch Angela Merkel wollte ihn wagemutig gehen. „Wir steigen nicht einfach aus der Kernkraft aus, wir schaffen die Voraussetzungen der Energieversorgung von morgen“ hieß es hierzu im Sommer 2011.

Doch hoppla, die Kosten! Steigende Strompreise, zunehmend verärgerte Verbraucher. Allmählich zieht ein kühler Gegenwind auf. Johannes Teyssen, Vorstandsvorsitzender von E.ON, gibt der Regierung etwas zum Nachdenken mit in die Sommerpause: In einem Interview mit dem Spiegel Anfang Juni hatte er für die Einführung eines Stromkostenzuschlags für Hartz-IV-Empfänger plädiert. Es seien „politische, nicht unternehmerische Entscheidungen gefallen, die Strom teurer machen“. „Jetzt kann die Regierung nicht sagen: „Damit haben wir nichts zu tun““, so Teyssen.

Für die Diskussion hat Peter Altmaier, noch relativ frisch auf dem Posten des Umweltministers, keine rechte Zeit. Er muss sich erstmal fleißig um die „Koordinierung der Energiewende“ kümmern. Endlagersuche, unzureichender Netzausbau … Es zwickt und zwackt. Und so reist er durch Deutschland mit dem Ziel, die Energiekonzepte der Länder und des Bundes in Einklang zu bringen. Aber die energiepolitischen Ziele sind hoch gesteckt. Und das Boot, das eifrig gestartet, gerät nun ins Schwanken. So sorgt sich Altmaier um den Zeitplan. „Wenn wir das noch irgendwie schaffen wollen, dann bedarf das riesiger Anstrengungen“, klagt er. Soweit, so gut. Ohne riesige Anstrengung wäre eine Aufgabe auch keine „Herkulesaufgabe“. Dann bräuchte man keinen übermenschlich starken Göttersohn für den Job.

Doch dann erinnert sich der Umweltminister vielleicht doch noch an Teyssen? Fast schon zuständigkeitsüberschreitend betonte er nämlich weiter: „Für mich hat höchste Priorität, dass Strom bezahlbar bleibt“. Nanu! Der Umweltminister als oberster Verbraucherschützer? Und auch Wirtschaftsminister Philipp Rösler mahnt: „Wir müssen nachsteuern, wenn Jobs und Wettbewerbsfähigkeit bedroht sein sollten.“ Was meint das „Nachsteuern“ des Wirtschaftsministers? Erstes Zurückrudern? Vorbereiten der nächsten Wende? Testballons in den Sommerhimmel steigen lassen?

Die Opposition fühlt sich bestätigt und jubiliert genüsslich: Für SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel „ein Eingeständnis, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung bei der Energiewende bislang komplett versagt hat“. Und auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin stimmt ein: „Die Koalition hat alles dafür getan, die Ziele nicht zu erreichen.“

Muss sich Deutschland aufregen? Nein. „Der Bundesumweltminister hat nicht die Ziele der Energiewende in Frage gestellt“, versicherte man auch entsprechend eindringlich bei der Regierungspressekonferenz. In seinem Interview sei es ihm vielmehr darum gegangen, dass Defizite bei der Umsetzung der Ziele rechtzeitig erkannt werden müssten, um sie doch noch zu erreichen. „Der Minister hat wiederholt betont, dass er alles tun wird, damit die Energiewende gelingt.“ Und dass die Energiewende eine hochkomplexe Angelegenheit ist (vgl. schon unsere Graphik zu den Energiethemen vom 2.7.), sollte auch jedermann klar sein.

Manch einer mag nun murmeln und murren. Letztlich ist es aber nur eine Binsenweisheit, dass eine Energieversorgung für die Energieverbraucher auch bezahlbar sein muss. Der Umweltminister hat bisher seinen Amtsantritt gut gemeistert und im Regelfall das Richtige gesagt. Bei ihm wird man nun beobachten, ob er seine selbst gesteckten Ziele, allen voran die Energiewende zu managen, auch erfüllen kann. Beim Wirtschaftsminister muss man wohl eher Sorge haben, dass der Klimaschutz langsam aber sicher doch wieder vom Primat der Wirtschaftlichkeit eingeholt wird. Doch auch hier gibt es sicherlich nicht nur schwarz und weiß.

Man wird wohl letztlich auf die Kanzlerin vertrauen müssen, die in ihrer Regierungserklärung zur Energiewende im letzten Sommer nicht nur „mit aller Kraft und mit aller Überzeugung für das gemeinsame Projekt“ warb, sondern auch zutreffend feststellte: „Wer A sagt, muss auch B sagen“.

Ihr BBH-Blog

Gedanken zum Sommer machten sich (immer noch) Prof. Dr. Ines Zenke und Dr. Christian Dessau.

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