Kommissionsentwurf für weitere Änderungen der Monitoring-Verordnung: Stellungnahme bis zum 29.7.2024 möglich

Am 1.7.2024 hat die EU-Kommission ihren Entwurf zur Änderung der sog. Monitoring-Verordnung veröffentlicht. Er ergänzt die Änderungen aus dem Oktober 2023 und soll die umfassende Reform der Europäischen Emissionshandelsrichtlinie (ETS-RL; RL (EG) 2003/87) operabel machen. Grundsätzlich sollen die Änderungen rückwirkend ab dem 1.1.2024 gelten, eine Vielzahl an Neuerungen jedoch erst ab dem 1.1.2025.

Das Zero-Rating für RFNBOs und RCFs kommt

Eine wichtige Neuerung enthält der neu entworfene Art. 39a MVO, der Investitionssicherheit mit großem Potenzial zur Treibhausgasreduktion über verschiedenste Industriezweige hinweg schaffen soll. Er soll klarstellen, dass die Verwendung von nachhaltigen synthetischen Brennstoffen aus den Kategorien der RFNBOs (Renewable Fuels of non biological origin – Erneuerbare Brennstoffe nicht biologischen Ursprungs) und RCFs (recycled carbon fuels – Brennstoffe auf Basis wiederverwendeten Kohlenstoffs) unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Emissionsfaktor Null angesetzt werden. Gelten soll dies für all jene RFNBOs und RCFs, welche die Kriterien in Art. 29a Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED; RL(EU)-2018/2001) erfüllen. Die Verwendung dieser Brennstoffe in stationären Anlagen würde folglich keine Emissionszertifikate mehr erfordern.

Tier 3b für Biomassemonitoring eingeführt

Für die Berechnung des Biomasseanteils von Kraftstoffen soll nach dem Entwurf nun die Ebene 3b (Tier 3b) eingeführt werden. Anlagenbetreiber könnten dann ein Massebilanzsystem nutzen, um den Biomasseanteil von verwendeten Brennstoffen und Rohstoffen aus besonders gesicherten Quellen zu berechnen.   

Erweiterung der erfassten CO2-Transportmodalitäten

Die bereits angesprochene Änderung der ETS-RL erweitert ihre Anwendung auf alle Arten des Transports von CO2. Bislang war nur der Transport per Pipeline umfasst. Hierauf reagiert der Entwurf der Kommission und möchte Überwachungs- und Meldepflichten in einem neuen, ausführlichen Abschnitt unter Anhang IV entsprechend anpassen.

Kriterien für die Abzugsfähigkeit von in Produkten gebundenem CO2

Eine weitere Neuerung im Bereich der CO2-Abscheidung enthält der neu eingefügte Art. 49a des Entwurfs, der das sog. „Carbon Capture and Utilization“ betrifft (CCU; Kohlenstoffabscheidung und -nutzung). Er soll – dem Art. 12 Abs. 3b ETS-RL entsprechend – allgemein die Voraussetzungen festlegen, unter denen CO2-Mengen, die dauerhaft in einem Produkt chemisch gebunden werden, von den Emissionen einer Anlage abgezogen werden können. Bislang war die Abzugsfähigkeit in Reaktion auf einen Rechtsstreit vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) speziell nur für gefälltes Kalziumkarbonat festgelegt.

Die genauen Anforderungen an eine dauerhafte chemische Bindung von CO2 in Produkten im Einzelnen legt ein delegierter Rechtsakt fest, der ebenfalls im Entwurfsstadium vorliegt. Danach muss abgeschiedenes CO2 durch einen kontrollierten technologischen Prozess, der es erlaubt, die Menge hierdurch gebundenen CO2-Äquivalents zu bestimmen, in ein Produkt oder Material eingebunden werden, und die betreffende Menge CO2 muss dauerhaft, d.h. bei normalem Produktgebrauch und über den Lebenszyklus des Produkts hinaus mehrere Hundert Jahre lang, in dem Produkt eingebunden bleiben. Für bestimmte Produktgruppen wird vermutet, dass sie die oben genannten Voraussetzungen erfüllen. Sie sind im Anhang des delegierten Rechtsakts aufgelistet, der bislang nur verschiedene Baustoffe nennt. Der bislang anerkannte Anwendungsfall des gefällten Kalziumkarbonats erscheint in der Liste nicht.

Monitoring von Nicht-CO2-Emissionen der Luftfahrtbranche

Luftfahrzeugbetreiber sollen nach dem neuen Art. 56a MVO dazu verpflichtet werden, auch die Nicht-CO2-Emissionen zu überwachen, die aus ihren Geschäftsaktivitäten resultieren, und zu berichten. Die gewonnenen Daten sollen nach Art. 56 Abs. 5 UAbs. 4 ETS-RL als Entscheidungsgrundlage dienen für eine künftige Einbeziehung von Nicht-CO2-Emissionen aus der Luftfahrt in das Emissionshandelssystem. Nicht-CO2-Emissionen bezeichnen dabei all jene Klimaeffekte der Luftfahrt, die nicht auf den Ausstoß von CO2 zurückzuführen sind (z.B. Kondensstreifen).

Fazit

Die geplanten Änderungen der MVO würden in Teilen die lang erwarteten rechtlichen Grundlagen für den Hochlauf grüner Transformationstechnologien schaffen. Ein wichtiger Baustein ist dabei die weitere Ausgestaltung des Rechtsrahmens für das CCS und in diesem Zusammenhang insbesondere der Regeln für den CO2-Transport, da Unternehmen mit nicht oder nur sehr schwer vermeidbaren Prozessemissionen auf diese Option angewiesen sein werden. Sie sollten sich sehr genau ansehen, ob der Entwurf sich für die Praxis eignet und sich ggf. mit einer Stellungnahme im Konsultationsverfahren einbringen. Dies dürfte auch mit Blick auf das CCU als weiterer Baustein für die Dekarbonisierung industrieller Prozesse ratsam sein. Dieser Bereich dürfte nämlich nur wenig Schub erhalten, indem der delegierte Rechtsakt eine Beschränkung auf nur wenige Anwendungen vorsieht.

Zu beachten ist schließlich, dass Stellungnahmen zum Entwurf der Änderung der MVO noch bis zum 29.7.2024 möglich sind.

Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow

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