Eine neue bedenkliche Methode der Kundenwerber – Kündigungshilfe mit Kontaktverbot

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Kennen Sie das? Sie erhalten als Energieversorger Kündigungsschreiben, die die Lieferverträge beenden und alle Kündigungsschreiben sind fast identisch, d.h. gleicher Wortlaut, gleiche Handschrift, nur Kunde, Vertrags- und Zählernummer sowie Unterschrift sind jeweils verschieden. Zudem enthalten alle Kündigungen ein und denselben Passus: Jede Art der Kontaktaufnahme zur Werbezwecken ist verboten und Rückgewinnungsversuche sollen unterbleiben.

Dann haben Sie wohl auch schon Bekanntschaft mit einer gerade zunehmenden Methode der Kundenwerber gemacht, dem Kündigungsschreiben mit vorformuliertem Kontaktverbot. Hierbei stellen die Kundenwerber den Kunden ein bereits von ihnen vorgefertigtes Kündigungsschreiben zur Verfügung. Ergänzt werden müssen lediglich noch die jeweiligen Kundendaten. Dann unterschreibt der Kunde. Fortan ist Ihnen durch das ausgesprochene Kontaktverbot die Werbung um die Kunden versagt. Das müssen Sie sich nicht gefallen lassen.

Natürlich ist der Wettbewerb um den Kunden erlaubt und vom Gesetzgeber sogar gewünscht. Gerade deswegen muss aber der Kunde im Rahmen des wettbewerbsrechtlich Erlaubten angesprochen werden können und darf nicht vor Mitbewerbern abgeschottet werden. Sofern ein Kundenwerber Kündigungsschreiben mit einem Kontaktverbot vorformuliert und den Kunden zur Verfügung stellt, kann dies als gezielte Behinderung von Mitbewerbern zu bewerten sein, und das verstößt gegen § 4 Nr. 4 UWG.

Sofern Sie solche Kündigungsschreiben mit Kontaktverboten erhalten haben, können Sie sich zur Wehr setzen. Wie? Indem Sie den Kundenwerber und ggf. auch den neuen Energielieferanten abmahnen und auffordern, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Sollte sich der Kundenwerber weigern, können (und müssten) Sie klagen. Um dem Kundenwerber schnellstmöglich einen Riegel vorzuschieben, kann eine einstweilige Verfügung beim zuständigen Gericht eingereicht werden, die den Unterlassungsanspruch durchsetzt.

Zur Kündigungshilfe mit vorformuliertem Kontaktverbot gibt es bereits klare oberlandesgerichtliche Rechtsprechung (vgl. OLG Dresden, Urt. v. 14.7.2015, Az. 14 U 584/15 und OLG Oldenburg, Urt. v. 29.5.2017, Az. 6 U 208/16).

Beide Oberlandesgerichte haben ausgeführt, dass ein vorformuliertes Kontaktverbot sich auf das Wettbewerbsgeschehen erheblich nachteilig auswirkt. Wer ein Kündigungsschreiben mit enthaltenem Kontaktverbot zu Werbezwecken bereitstellt, errichtet eine Marktverhaltensschranke für aktuelle Mitbewerber. Der Kundenwerber schottet sich mit seinen abgeworbenen Kunden ab und verhindert zulässige, den Wettbewerb fördernde Anstrengungen des alten Lieferanten, die abgeworbenen Kunden doch noch bei sich zu halten. Damit gesteht der Kundenwerber seinen Mitbewerbern das nicht zu, was er bei der Kündigungshilfe für sich in Anspruch nimmt: die im Grundsatz zulässige Abwerbung von Kunden.

Ansprechpartner: Stefan Wollschläger/Nils Langeloh

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