Die Mitwirkung der Stadträte mit Doppelmandat am Beschluss des Stadtrates zur Gaskonzession führt nicht zur Nichtigkeit des Konzessionsvertrages mit den Stadtwerken

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Allein die Mitwirkung von Stadträten, die zugleich im Auftrag der Stadt Leipzig oder als deren Vertreter Aufsichtsratsmitglieder der Stadtwerke Leipzig sind, am Stadtratsbeschluss vom 15.4.2015 führt nicht zur Nichtigkeit des zwischen der Stadt Leipzig und den Stadtwerken abgeschlossenen Gaskonzessionsvertrags.

In Konzessionsverfahren für Strom- und Gasnetze führt die Mitwirkung von Personen, die bei einem Bewerber gegen Entgelt beschäftigt oder als Mitglied eines Organs tätig sind, nicht automatisch zu einer Nichtigkeit des Konzessionsvertrages. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Damit bestätigt das Gericht das von ihm entwickelte Gebot der Neutralität von Vergabestellen in Gemeinden, die sich mit Eigenbetrieben oder Eigengesellschaften am Wettbewerb beteiligen, stellt aber zugleich fest, dass allein aus der Teilnahme von sog. Doppelmandatsträgern an dem abschließenden Beschluss des Gemeinderats keine unbillige Behinderung eines unterlegenen Bieters folgt (Az. EnZR 99/18).

Führte allein das Eigeninteresse einer Gemeinde, den Konzessionsvertrag mit den eigenen Stadtwerken abzuschließen, zu einem Verstoß gegen das Neutralitätsverbot, träfe dies auf den gesamten Gemeinderat zu. Die Konzessionierung von kommunalen Unternehmen wäre ausgeschlossen. Das ist mit dem Recht auf kommunale Selbstverwaltung nicht vereinbar.

Die Stadt hatte den Gaskonzessionsvertrag für die eingemeindeten Ortsteile 2015 mit der Stadtwerke Leipzig GmbH geschlossen. In dem von den Stadtwerken angestrengten Netzherausgabeprozess wandte die MITGAS (Mitteldeutsche Gasversorgung GmbH) jedoch ein, an der Abstimmung im Leipziger Stadtrat hätten Gemeinderäte mitgewirkt, die zugleich Mitglied im Aufsichtsrat der Stadtwerke sind, was per se zur Nichtigkeit des abgeschlossenen Konzessionsvertrages führe.

Das Landgericht (LG) Magdeburg hatte eine unbillige Behinderung der MITGAS im Leipziger Gasnetzstreit verneint. In der Berufungsinstanz nahm das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg aber an, dass die Mitwirkung der Doppelmandatsträger gegen das Neutralitätsgebot verstoße und der Konzessionsvertrag mit den Stadtwerken folglich nichtig sei. Der BGH hat dieses Urteil bereits wegen der Unzulässigkeit der von MITGAS erhobenen Zwischenfeststellungswiderklage aufgehoben. Ferner folgt der BGH dem OLG Naumburg auch in der Sache nicht.

Der bei der Bewerbung einer kommunalen Eigengesellschaft grundsätzlich bestehende Interessenkonflikt wird durch die Mitwirkung eines Gemeinderats mit Doppelmandat bei der Beschlussfassung für sich genommen nicht vertieft. Die Mitwirkung von Doppelmandatsträgern bei der abschließenden Beschlussfassung führt nicht per se zur Nichtigkeit des abgeschlossenen Vertrages. Vielmehr müsse der unterlegene Bieter im Einzelnen darlegen und beweisen, dass eine Beeinflussung der Entscheidung durch die Mitwirkung möglich war. Bei der einstimmigen Entscheidung des Leipziger Stadtrats zugunsten der Stadtwerke im Jahr 2015 ist das laut BGH nicht ersichtlich.

Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Christian Theobald/Astrid Meyer-Hetling/Dr. Anna Sachse

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