Insiderhändlern auf der Spur: was kann der Energiehandel vom Finanzmarkt lernen?

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„Heimlich, still und leise…“ – so sehen wir es auf dem europäischen Energiegroßhandelsmarkt gar nicht gern. Genau deshalb verbietet die europäische Verordnung über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (REMIT) den Handel mit Insiderinformationen. Dazu zählen alle im Unternehmen bekannten Umstände, die die Strom- oder Gaspreise erheblich beeinflussen können. Relevant sind also beispielsweise Kenntnisse über installierte Erzeugungskapazitäten, Produktionsplanungen, Fahrplanänderungen oder Speicheranlagen. Für Personen, die über Insiderinformationen verfügen, ist es verboten, diese Informationen beim Handel zu nutzen, sie außerhalb der beruflichen Tätigkeit an Dritte weiterzugeben, oder durch die Abgabe von Kaufempfehlungen Dritte zum Kauf zu verleiten.

Welche internen Maßnahmen können Sie ergreifen, um Informationslecks rechtzeitig zu erkennen oder sogar von vornherein deren Entstehung zu verhindern?

Im Energiehandel hat nach wie vor die Leitungsebene eines Unternehmens frei zu entscheiden, wie ein Kontrollsystem einzurichten ist. Wer nach einem Praxisbeispiel sucht, kann sich an den Regularien zur Bekämpfung von marktmissbräuchlichen Verhalten beim Handel von Finanzinstrumenten orientieren. Die für den Finanzhandel geltende Marktmissbrauchsverordnung und die dazu ergangene Durchführungsverordnung schreiben nunmehr vor, dass Insiderlisten erstellt und aktuell gehalten werden müssen.

Wie genau sieht denn so eine Insiderliste aus?

In die Insiderliste gehört, wer Insider ist, und warum und wann genau. Die Liste muss bei Bedarf „unverzüglich“, also ohne schuldhaftes Zögern, aktualisiert werden. Das ist der Fall, wenn etwa eine neue Person Zugriff auf Insiderinformationen erhält, sich der Zugangsgrund ändert oder eine Person vom Zugang ausgeschlossen werden soll. Zudem müssen die betroffenen Unternehmen die auf der Insiderliste geführten Personen über die Pflichten im Umgang mit Insiderinformationen belehren. Die erfassten Insider wiederum müssen die Pflichten schriftlich anerkennen und sich der Sanktionen bei Verstößen bewusst werden. Durch das Erstellen einer solchen Insiderliste und die Übermittlung an die zuständige Aufsichtsbehörde können folglich diejenigen Positionen im Unternehmen transparent gemacht werden, die mit sensiblen Handelsinformationen umgehen.

Was kann der Energiehandel daraus lernen?

Letztlich erfüllt die REMIT für den Energiehandel die gleiche Aufgabe wie die Marktmissbrauchsverordnung für den Finanzmarkt. Deshalb kann es zur Bekämpfung verbotenen Insiderhandels anzuraten sein, die unternehmensinternen Verhaltensregeln um gezielte Schulungen und Beratungsangebote sowie um eine ähnliche Erfassung der betroffenen Stellen im Unternehmen zu ergänzen.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau

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