Telekommunikation und digitale Dienste: Neue Vorschriften im Anmarsch

Mit einer neuen Gesetzesinitiative will die Bundesregierung die Genehmigungsprozesse zur Verlegung von neuen Glasfaserlinien nach dem TKG beschleunigen. Zudem sollen die Regelungen zum Gigabit-Grundbuch sowie zum Infrastrukturatlas angepasst werden. Immerhin auf europäischer Ebene konnte ein Gesetzgebungsverfahren mit ähnlicher Zielsetzung abgeschlossen werden. Zudem ist am 14.5.2024 das Digitale-Dienste-Gesetz als deutsche Umsetzung des europäischen Digital Services Acts in Kraft getreten.

Wo bleibt nur das TK-Netzausbaubeschleunigungsgesetz?

Das TK-Netzausbaubeschleunigungsgesetz (TK-NaBeG) sollte schon längst verabschiedet worden sein, aber die Ressortabstimmungen haben den Gesetzgebungsprozess stark ausgebremst. Ein Streitpunkt ist, wie sehr die Beschleunigung des Ausbaus von Glasfaser und 5G-Mobilfunk zu Lasten des Naturschutzes gehen darf. Die TK-Branchenverbände fordern eine Qualifizierung als „überragendes öffentliches Interesse“, um künftig den Glasfaserausbau wie auch schon jetzt die Stromtrassen und Windenergieanlagen vorrangig zu behandeln.

Solange das TK-NaBeG noch nicht beschlossen wurde, bleiben zusätzliche Regelungen möglich. Nicht zu erwarten ist allerdings, dass der Gesetzgeber die Sorge der TK-Branche aufnimmt und sich im Gesetz mit der Verhinderung eines strategischen Glasfaserüberbaus auseinandersetzt. Unter anderem der BREKO Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. hatte dafür plädiert, das TK-NaBeG zu nutzen, um eine wettbewerbskonforme Kupfer-Glasfaser-Migration herbeizuführen. Hintergrund ist, dass der Wettbewerb beim Glasfaserausbau unter der strategischen Abschaltung von Kupfernetzen in nur gezielten Gebieten leiden könne, weshalb die Regelungen des § 34 TKG weiter zu konkretisieren seien.

Es wird erwartet, dass Kanzler Scholz und Minister Wissing bei einem Spitzentreffen zeitnah die offenen Punkte klären werden. Ob sich dann auch neue Themen finden werden, bleibt abzuwarten.

Schafft der Gigabit Infrastructure Act, was die Kostensenkungsrichtlinie versäumte?

Am 11.5.2024 ist der Gigabit Infrastructure Act (GIA) in Kraft getreten. Der GIA ersetzt die Kostensenkungsrichtlinie 2014/61/EU und soll die rechtlichen Grundlagen für den beschleunigten Glasfaserausbau EU-weit harmonisieren, damit die für das Jahr 2030 gesetzten Ausbauziele erreicht werden können.

Hintergrund war, dass einige Mitgliedstaaten die Kostensenkungsrichtlinie nur unzulänglich in nationales Recht umgesetzt hatten. Ab November 2025 wird der GIA vollumfänglich und als Verordnung unmittelbar in den Mitgliedstaaten gelten. Betroffen sind – wie schon 2016 beim DigiNetzG – sowohl TK-Unternehmen, als auch Versorgungsnetzbetreiber und Eigentümer entsprechender Infrastrukturen wie Kommunen oder Stadtwerke oder EVU.

Zu einer Sonderlösung im GIA dürfte es insbesondere wegen der Intervention der deutschen Bundesregierung gekommen sein. Diese betrifft die Abwehr von Mitnutzungsanfragen von passiven Infrastrukturen (z.B. Leerrohren), sofern ein Angebot von Bitstromprodukten (z.B. Layer-2-BSA) vorliegt. Im ursprünglichen Entwurf des GIA war eine solche Regelung noch nicht enthalten, der neue Art. 3 Abs. 6 GIA entspricht nun aber weitestgehend § 141 Abs. 2 Nr. 6 HS 2 TKG.

Damit bleiben den TK-Unternehmen und Versorgungsnetzbetreibern in Deutschland auf den ersten Blick die bisherigen gesetzlichen Abwehrmöglichkeiten in § 142 TKG. Dieses Abwehrrecht nach dem GIA greift jedoch nur, wenn in dem „Abdeckungsgebiet“ nicht bereits das Glasfasernetz eines Wettbewerbers Endkunden versorgt. Wie diese „Abdeckungsgebiete“ in der Praxis abzugrenzen sein werden, ist noch unklar. Ursprünglich zum Schutz des First-Movers angedacht, könnte ein weites Verständnis der „Abdeckungsgebiete“ aber wohl auch das Abwehrrecht aushebeln, soweit dieses bei Vorliegen eines weiteren aber wirtschaftlich unbedeutenden Glasfasernetzes entfiele.

Im Übrigen solle der GIA bürokratische Aufwände durch Digitalisierung verringern. Die Kompetenzen sollen auf die in den Mitgliedstaaten neu einzurichtende zentrale Informationsstelle konzentriert werden. Das Spannungsverhältnis über die Lieferung von kritischen Infrastrukturdaten durch Versorgungsnetzbetreiber ist aber dadurch nach wie vor nicht geklärt.

TMG und TTDSG gehen offline, DDG und TDDDG online: Impressum noch aktuell?

Das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) löst u.a. das deutsche Telemediengesetz (TMG) ab, welches im Wesentlichen in das DDG übergegangen ist. Begrifflich lösen die Digitalen Dienste damit die Telemediendienste ab. Entsprechend wurde das Telekommunikations-Telemedien-Datenschutzgesetz (TTDSG) in Telekommunikation-Digitale-Dienste-Datenschutzgesetz (TDDDG) umbenannt.

Mit dem DDG und dem Digital Services Act (DSA) kommen insbesondere auf sog. Vermittlungsdiensteanbieter, zu denen nach Auffassung der BNetzA u.a. auch Carrier und Hostinganbieter gehören, neue Transparenz- und Informationspflichten zu, die es in den Vertragsbedingungen zu berücksichtigen gilt. Für sämtliche Unternehmen mit Online-Auftritten hat die Gesetzesänderung zudem zur Folge, dass sie das Impressum, die Datenschutzerklärung und das Cookie-Opt-In auf ihrer Webseite auf Richtigkeit prüfen müssen. Verweise auf das TMG und TTDSG müssen durch solche auf das DDG und TDDDG ersetzt werden.

Ansprechpartner*innen: Axel Kafka/Julien Wilmes-Horváth/Agnes Eva Müller/Robert Grützner

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